Lübeck,
12. Oktober 2018
Fehlbelegung von Sozialwohnungen
Thomas Klempau, DMB Mieterverein Lübeck
In Lübeck gibt es zurzeit etwa 7.900 Sozialwohnungen, von
denen nach unserer Einschätzung mindestens 30 Prozent fehlbelegt und von
Personen angemietet sind, die mittlerweile keinen Anspruch mehr auf eine
Sozialwohnung hätten, sofern man die Bedürftigkeit regelmäßig prüfen
würde. Das erfolgt jedoch nur ein einziges Mal, nämlich im Zeitpunkt der
Anmietung.
Die Wiedereinführung einer Fehlbelegungsabgabe in der
Form, wie es sie von 1992 bis 2004 in Schleswig-Holstein gab, sehen wir
kritisch. Seinerzeit überstieg die Grundmiete zuzüglich
Fehlbelegungsabgabe häufig den Subventionsvorteil, den die preiswerte
Sozialwohnung gegenüber der Miete auf dem freien Wohnungsmarkt bot.
Stadtteile mit hoher Sozialwohnungsdichte litten unter dem Fortzug
betroffener Fehlbelegerhaushalte, was dazu führte, dass die
Landesregierung in nennenswertem Umfang so genannte "Freistellungen"
aussprach, um der sozialen Segregation entgegen zu wirken. Aufgrund der
Freistellungen durften Mieter auch ohne Berechtigungsschein
freigestellte Sozialwohnungen beziehen. Als dann in den Folgejahren die
Zahl der Sozialwohnungen dramatisch sank und fast die Hälfte der
Einnahmen aus der Fehlbelegungsabgabe für die Verwaltungskosten
ausgegeben worden waren, wurde das Instrument nicht mehr verlängert und
lief zum 31.10.2004 aus.
In Anbetracht des sich zunehmend anspannenden
Wohnungsmarktes mit einem deutlichen Anstieg von Mieten, (Eigenbedarfs-)
Kündigungen und Räumungsklagen sowie einer stark gestiegenen Zahl von
Haushalten, die auf preisgünstige Wohnungen angewiesen sind, bedarf es
Überlegungen und Maßnahmen, die zu einer Entspannung der
Wohnungsmarktlage beitragen können. Dazu gehört auch das Thema
Fehlbelegung von Sozialwohnungen.
Zu denken wäre an die Schaffung einer Grundlage für eine
regelmäßige Prüfung in einem Abstand von beispielsweise drei Jahren, ob
Mieter einer Sozialwohnung noch die Voraussetzungen für die Anmietung
einer Sozialwohnung erfüllen. Sollte sich herausstellen, dass die
Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, könnte dieser Wohnung die
Eigenschaft "öffentlich gefördert" genommen und die Bindung stattdessen
auf eine andere Wohnung des Vermieters übertragen werden, die - und das
ist wichtig - zur Anmietung ansteht. Die aus der Bindung genommene
fehlbelegte Wohnung wäre dann als freifinanzierte Wohnung und die in die
Bindung genommene Wohnung als Sozialwohnung zu handhaben.
Das Modell hätte im Unterschied zur früheren
Fehlbelegungsabgabe den Vorteil, dass im Ergebnis eine freistehende
Sozialwohnung zur Unterbringung eines bedürftigen Haushalts tatsächlich
zur Verfügung steht. Des Weiteren müsste der Mieter die aus der Bindung
genommene Wohnung nicht räumen und sein soziales Umfeld nicht aufgeben.
Der Betrag einer etwaigen Mieterhöhung für die aus der Bindung genommene
Wohnung würde nicht an das Land fließen, sondern dem Vermieter zukommen.
Ein etwaiger Differenzbetrag, den der Vermieter mit Blick auf den
Unterschied zwischen Marktmiete und Sozialwohnungsmiete bei der im
Gegenzug in die Bindung genommene Wohnung verzeichnet, könnte ggf. über
Fördermittel kompensiert werden.
Eine solche Handhabung ermöglicht es, einseitige
Belegungsstrukturen mit hohen Sozialwohnungsdichten zu vermeiden, kann
zu einem spürbaren Abbau von fehlbelegten Sozialwohnungen beitragen und
damit die Zahl an verfügbaren Sozialwohnungen erhöhen, die zur
Unterbringung von bedürftigen Haushalten in der Hansestadt Lübeck
dringend benötigt werden.
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