Straßenreinigung/Winterdienst: Neue
Bescheide für 2015/2016
Thomas Klempau, DMB Mieterverein Lübeck
Presse-Info vom
28.3.2018
Anfechtungsklage (Muster):
pdf
word
Widerspruch (Muster):
pdf
word
Update vom 14.8.2018:
Das Aktenzeichen des Normenkontrollverfahrens beim OVG
Schleswig, welches vom Deutschen Mieterbund Mieterverein Lübeck
e.V. gegen die 3. Satzung zur Änderung der
Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung der Hansestadt
Lübeck vom 13.12.2017 angestrengt worden ist, lautet: 2 KN 2/18
Update vom 11.7.2018:
Das Muster einer Anfechtungsklage steht jetzt zur Verfügung
und kann gern als Vorlage verwendet werden.
Nachdem der Name des Bescheidadressaten und die Datumsangaben eingefügt worden sind,
kann der unterschriebene Klageschriftsatz ganz normal per Post an das Verwaltungsgericht Schleswig
abgeschickt werden, muss also nicht in "elektronischer Form" dort
ankommen. Für Klagen vor dem Verwaltungsgericht besteht kein
Anwaltszwang, so dass jeder Bescheidadressat auch ohne
anwaltliche Vertretung eine Klage anfertigen und abschicken kann. Wichtig ist, die Monatsfrist
einzuhalten!
Im letzten Absatz der Klage ist die Anregung enthalten, das Verfahren solange nicht zu
befördern, bis das vom Mieterverein gegen die
Straßenreinigungssatzung eingeleitete Normenkontrollverfahren abgeschlossen ist. Erfahrungsgemäß werden alle
in ein und derselben Sache eingehenden Klagen gebündelt und für den Fall, dass das Ruhen des
Verfahrens angeordnet wird, einheitlich vom Gericht behandelt und abgewartet, wie
das Normenkontrollverfahren ausgeht. Der Anfechtungsklage als Anlage
beizufügen ist die
3. Satzung
zur Änderung der Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung
der Hansestadt Lübeck vom 13.12.2017, die hier verlinkt
ist und ausgedruckt werden kann. Es handelt sich lediglich um eine DIN A4 Seite.
Update vom 25.6.2018:
Am 25. Juni 2018 ist der Widerspruchsbescheid der
Hansestadt Lübeck dem Mieterverein zugestellt worden mit dem Inhalt,
dass dem Widerspruch nicht abgeholfen wird. Die Stadt hat also nicht
unsere Anregung aufgegriffen, die Widersprüche zunächst nicht zu
bescheiden und stattdessen den Ausgang des Normenkontrollverfahrens
gegen die Straßenreinigungssatzung (siehe Update vom 8.5.2018)
abzuwarten. Rechtlich ist diese Vorgehensweise zulässig.
Gleichwohl ist dieser Schritt zu bedauern, da nunmehr sämtliche
Gebührenadressaten, die ihre Bescheide mit dem Widerspruch angefochten
haben, nach Zugang des Widerspruchsbescheides innerhalb von 1 Monat
Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Schleswig erheben müssen, um zu
verhindern, dass der Gebührenbescheid rechtskräftig wird.
Voraussichtlich in der 28. Kalenderwoche (9.-13.7.) werden wir eine
Anfechtungsklage auf dieser Seite als Muster zur Verfügung stellen.
Update vom 8.5.2018:
Anfang Mai 2018 haben die Gebührenadressaten, die
Widerspruch gegen die neuen Bescheide über die Gebührenfestsetzungen für
die Periode 2015/2016 erhoben haben,
ein Schreiben vom Bereich
Aktivbesteuerung erhalten. In dem Schreiben wird der Rechtsstandpunkt
der Hansestadt Lübeck zu der hier strittigen Frage dargelegt, ob das
Defizit aus den Jahren 2010 bis 2012 in Höhe von 3,34 Mio Euro in die
Gebührensätze aus der neuen Straßenreinigungssatzung für die Periode
2015/2016 eingebracht werden durfte, die am 12.12.2017 von der
Bürgerschaft beschlossen worden ist. Wir haben mit
Schreiben vom 8. Mai
geantwortet, unseren Widerspruch aufrechterhalten und angeregt, von
einer Bescheidung unseres und aller anderen Widersprüche, die in dieser
Sache erhoben worden sind, abzusehen, da der Mieterverein beabsichtigt,
die Wirksamkeit der §§ 9 Abs. 7, 10 Abs. 3 aus der
Straßenreinigungssatzung vom 13.12.2017 im Zuge eines
Normenkontrollverfahrens gerichtlich prüfen zu lassen. Bleibt
abzuwarten, wie die Stadt auf unseren Vorschlag reagiert.
Ursprungsmitteilung vom 5.4.2018:
Obwohl das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht
mit
Urteil vom 15. Mai 2017
bereits festgestellt hatte, dass schon die Gebührensätze aus der Satzung
vom 1.12.2014 unwirksam waren, weil der Ausgleich des Defizits in Höhe
von 3,34 Mio Euro aus der Periode 2010 bis 2012 bis spätestens
31.12.2016 über eine entsprechende Gebührenerhebung hätte erfolgen und
vollständig abgeschlossen sein müssen und ausdrücklich betonte, dass es
nicht ausreicht, wenn innerhalb der Ausgleichsfrist eine den Ausgleich
regelnde Satzung in Kraft getreten und mit dem Ausgleich lediglich
begonnen worden ist, ignoriert die Stadt diese gerichtliche Klarstellung
und beschließt in der Bürgerschaftssitzung vom 12.12.2017 die "3.
Satzung zur Änderung der
Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung vom 13.12.2017",
mit der eine Nachkalkulation der Gebührensätze für die Jahre 2015 und
2016 erfolgt, in die das bereits verfristete Defizit aus der Periode
2010 bis 2012 in voller Höhe von 3,34 Mio Euro eingestellt worden ist
und auf deren Grundlage jetzt die neuen Bescheide für 2015 und 2016
erlassen und an rund 27.000 Bescheidadressaten
verschickt worden sind.
Damit sind nach unserem Rechtsverständnis und unserer
Lesart des OVG Urteils auch die Gebührensätze aus der Satzung vom
13.12.2017 wegen eines Verstoßes gegen den Ausgleichszeitraum des
§ 6 Abs. 2
S. 9 Kommunalabgabengesetz unwirksam. Es handelt sich bei der dort
geregelten dreijährigen Ausgleichsfrist um eine restriktiv anzuwendende
Ausnahmevorschrift, die einen Ausgleich eines periodenfremden Defizits
wirtschaftlich-faktisch nur in einem zeitlich begrenzten Rahmen erlaubt.
Insofern kann man Versäumnisse aus der Vergangenheit jetzt nicht mehr
bereinigen durch das Einbringen des Defizits in Höhe von 3,34 Mio Euro
in eine nachkalkulierte Gebührenerhebung für die Jahre 2015 und 2016,
die faktisch erst ab 2018 erfolgt und das Zeitrad nicht einfach auf das
Jahr 2013, in dem das Defizit festgestellt worden war, zurückdrehen und
so tun, als wäre die dreijährige Ausgleichsfrist, also der 31.12.2016,
noch nicht abgelaufen.
Rechtsfolgen und Erwartungen
Nicht ordnungsgemäß ermittelte Gebührensätze sind
unwirksam. Ebenso unwirksam sind Bescheide, die als Grundlage für eine
Gebührenforderung auf fehlerhafte Gebührensätze abstellt. Der
Mieterverein erwartet, dass die Hansestadt Lübeck Widersprüchen gegen
die auf Basis der Satzung vom 13.12.2017 für die Jahre 2015 und 2016
erlassenen Bescheide abhilft und die Gebührensätze rückwirkend zum
1.1.2015 unter Herausnahme des Defizits aus der Kalkulationsperiode 2010
bis 2012 in Höhe von 3,34 Mio Euro neu ermittelt und entsprechend
geänderte Bescheide erlässt.
Blickwinkel Mieterhaushalte und Appell an Vermieter
Auf Seiten der Gewerbe-
und Wohnraummieter, die die Straßenreinigungs- und
Winterdienstgebühren im Zuge von Betriebskostenabrechnungen letztendlich
zu tragen haben, besteht das Problem, dass sie nicht die Bescheidadressaten sind und daher
selbst keinen Widerspruch
gegen die Gebührenbescheide erheben können. Hinzu kommt, dass die Neigung
eines Vermieters zu einem Widerspruch gegen
einen Bescheid über Gebühren, die er vollständig auf seine Mieterhaushalte
abwälzen kann, nicht besonders groß und die
rechtliche Möglichkeit eines Mieters, den Vermieter hierzu zwingen zu können, eher theoretischer Natur
ist.
Daher appelliert der Mieterverein
Lübeck an Eigentümer und Vermieter, zumindest vorsorglich und
fristwahrend Widerspruch zu erheben gegen die Gebührenbescheide über
Straßenreinigung und Winterdienst, die in diesen Tagen von der
Hansestadt Lübeck zugestellt worden sind und den Widerspruch auf die
Gebührenfestsetzungen für die Jahre 2015 und 2016 zu beschränken. Ein
Muster-Widerspruch mit einer vorbereiteten Begründung steht oben auf
dieser Seite im pdf- und word-Format zur Verfügung.
Nächste
Schritte
Die
nachkalkulierten Gebührensätze aus der Satzung vom 13.12.2017 gehen von
Kosten für Straßenreinigung und Winterdienst für die Periode 2015/2016
in Höhe von 15,2 Mio Euro aus. Unter Herausnahme des nach unserer
Ansicht nicht mehr berücksichtigungsfähigen Defizits in Höhe von 3,34
Mio Euro ergibt sich eine Reduzierung der gebührenfähigen Kosten um etwa
20 Prozent. Nach Rücksprache mit der Anwaltskanzlei, die bereits das
vorgenannte OVG-Urteil erstritten hat, ist geplant, wiederum im Zuge
eines Normenkontrollverfahrens prüfen und feststellen zu lassen, ob auch
die Regelungen über die Gebührenfestsetzungen aus der neuen Satzung
aufgrund des Einbringens des Defizits aus der Periode 2010 bis 2012
unwirksam sind. Anfang April wurden Lübecker Wohnungsunternehmen
vom Mieterverein angeschrieben und unter Hinweis auf das
Wirtschaftlichkeitsgebot aufgefordert, Widerspruch gegen die
Gebührenbescheide zu erheben, um sich den Anspruch auf eine
Neubescheidung zu bewahren, sofern auch die Gebührensatzregelungen aus
der neuen Satzung als unwirksam eingestuft werden sollten. Denn es kann
nicht davon ausgegangen werden, dass die Stadt im Anschluss an einen
solchen Verfahrensausgang Bescheide mit entsprechend geänderten
Gebührensätzen wiederum an sämtliche Bescheidadressaten verschickt,
sondern nur an diejenigen, die fristgemäß Widerspruch
eingelegt haben, was spätestens innerhalb von einem Monat ab Zustellung
des Bescheides erfolgen muss.
Persönliche Anmerkung
Zu
beanstanden ist der Versuch, ein nicht unerhebliches Defizit umlegen zu
wollen, obwohl es bereits eine gerichtliche Aussage gibt, dass dafür nur
eine bestimmte Zeitspanne zur Verfügung stand, die inzwischen abgelaufen
ist. Besonders kritisch zu werten ist dabei die Tatsache, dass in dem
Vorblatt der Satzungsvorlage zur Bürgerschaftssitzung vom 12.12.2017
vermerkt ist, dass der Fachbereich Recht "keine rechtlichen Bedenken"
gegen die zu beschließende Satzung und damit auch keine Bedenken gegen
die erneute Berücksichtigung des Defizits aus der Periode 2010 bis 2012
erhebt.
Bürgerschaftsmitglieder müssen darauf vertrauen, dass Prüfungen und
Bewertungen eines städtischen Fachbereichs verlässlich sind und dürfen
ihr Abstimmungsverhalten danach ausrichten, ohne nun selbst eine
anspruchsvolle Thematik unter rechtlichen Gesichtspunkten bis ins letzte
Detail durchdringen zu müssen. In Anbetracht der hier bereits
vorliegenden anders lautenden Klarstellung durch das OVG Schleswig wäre
es das Mindeste gewesen, die Rechtslage in Bezug auf die erneute
Einbeziehung des Defizits wenigsten mit "rechtliche Bedenken bestehen"
einzustufen und in der Begründung zur Satzungsvorlage diesen Punkt
hinreichend deutlich darzulegen, um die Bürgerschaftsmitglieder
entsprechend zu sensibilisieren.
+ + +